Kurventechnik & Linienwahl: Sicher und dynamisch durch jede Kurve kommen
Die Kurvenfahrt ist die Königsdisziplin des Motorradfahrens. Sie vereint physikalische Gesetze mit mentaler Stärke. In diesem Artikel unseres Praxiswissens-Motorrad lernst du, wie du den Lenkimpuls meisterst und die sicherste Linie wählst, um Gefahrenquellen wie Gegenverkehr oder Hindernisse zu minimieren.
1. Der Lenkimpuls: Der Schlüssel zur Schräglage
Physikalisch gesehen ist ein Motorrad bei Geschwindigkeiten über ca. 20 km/h ein stabiler Kreisel.
Um diesen aus der Ruhe zu bringen, bedarf es des Lenkimpulses (auch bekannt als “Countersteering”).
Wie es funktioniert:
Um eine Linkskurve einzuleiten, drückst du den linken Lenkergriff leicht nach vorne (als ob du nach rechts lenken würdest). Das Vorderrad lenkt minimal nach rechts aus, wodurch das Motorrad durch die Fliehkraft kontrolliert nach links in die Schräglage kippt.
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Druckphase: Kurzer Impuls zum Einleiten.
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Haltephase: Das Motorrad verharrt in der Schräglage.
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Stützgas: Leichtes Gasgeben stabilisiert das Fahrwerk und verhindert das Einklappen des Vorderrads.
2. Strategische Linienwahl: „Außen – Außen – Innen“
Auf der Rennstrecke sucht man die schnellste Linie; auf der Landstraße suchen wir die sicherste Linie mit der maximalen Sichtweite. Das solltest Du nie vergessen. Im Straßenverkehr gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Wie diese in Deinem Land aussehen, kannst Du in der Themenwelt: Motorrad-Vorschriften und Gesetze nachlesen.
Die drei Phasen der Kurve:
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Vorbereitung (Anfahrt): Geschwindigkeit vor der Kurve reduzieren, Gang wählen. Positioniere dich am äußeren Rand deiner Fahrspur (bei einer Rechtskurve also nahe der Mittellinie, bei einer Linkskurve nahe am Fahrbahnrand).
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Einlenkpunkt (Der späte Scheitelpunkt): Lenke später ein als intuitiv vermutet. Dies vergrößert deinen Sichtbereich in die Kurve hinein.
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Scheitelpunkt & Ausgang: Erst wenn du den Kurvenausgang siehst, ziehst du das Motorrad nach innen und beschleunigst sanft heraus.
Wichtig: Bleibe bei Linkskurven mit dem Oberkörper immer innerhalb deiner Fahrspur. Viele Unfälle passieren, weil der Kopf des Fahrers in Schräglage in den Gegenverkehr ragt, obwohl die Reifen noch auf der eigenen Spur sind.
3. Blickführung und Orientierungspunkte
Das Motorrad folgt deinem Blick. Um eine saubere Linie zu fahren, musst du mit den Augen „vorarbeiten“:
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Eingang: Suche den Einlenkpunkt.
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In der Kurve: Der Blick fixiert bereits den Kurvenausgang (weit voraus).
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Hindernisse: Registriere Rollsplit oder Bitumen nur kurz, fixiere sie aber nicht (Vermeidung der Schreckreaktion).
4. Quellen und weiterführende Literatur
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Institut für Zweiradsicherheit (ifz): www.ifz.de – Fachartikel zu Unfallforschung und Fahrphysik.
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Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR): Leitfäden für Motorrad-Sicherheitstrainings.
Fazit: Die Symbiose aus Technik, Physik und Intuition.
Motorradfahren ist weit mehr als die bloße Fortbewegung von A nach B; es ist ein hochkomplexer dynamischer Prozess, der ständige Aufmerksamkeit und technisches Verständnis erfordert.
Wie wir in den Abschnitten zum Lenkimpuls und der strategischen Linienwahl gesehen haben, bildet die Beherrschung der physikalischen Grundsätze das Fundament für maximalen Fahrspaß bei minimalem Risiko.
Wir empfehlen allen Motorradfahrern ein geeignetes Fahrsicherheitstraining, bevor es in die Praxis geht. Falls Du Fragen zu diesem Artikel hast oder einfach nur mehr darüber wissen möchtest, kannst Du uns gerne einen Kommentar hinterlassen. Wir wünschen Dir weiterhin eine gute und sichere Fahrt.
Ich beschäftige mich seit vielen Jahren intensiv mit Motorrädern, ihrer Technik und allen Themen rund um Sicherheit, Wartung und Ausrüstung. Mein Ziel ist es, praxisnahe Informationen verständlich aufzubereiten, Risiken realistisch einzuschätzen und gängige Mythen sachlich einzuordnen.
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